Millennials: Die Retter der Old Economy | Anne M. Schüller

Erstellt am 24 Mai 2017 in Allgemein, Generation Y 0 Kommentare

Die junge Generation definiert unsere Zukunft – und auch den Handlungsspielraum, den die Anbieter darin haben. Anstatt Generationenkonflikte heraufzubeschwören, sollte die Wirtschaft ihre Überlebenschance in ihr erkennen.

Sich von jungem Gedanken und frischen Ideen inspirieren zu lassen, genau das macht den Unterschied zwischen den zukünftigen Überfliegern der Wirtschaft und dem Rest.

„Welche Branche hacken wir denn diese Woche?“, so lautet der weltweite Schlachtruf der digitalen Bohème. Doch die meisten Jungunternehmer wollen gar nicht per se zerstören, sondern verbessern. Superagil, vielseitig interessiert und global geprägt erkennen sie Potenziale blitzschnell, können Marktdifferenzen rasch identifizieren und Lösungen ganz neu kombinieren

Aus ihren vernetzten Startup-Schmieden kommen Ideen, die nicht nur alles digitalisieren, sondern die Welt so schnell und umfassend verändern wie niemals zuvor. Gegen ihr schlankes, smartes, findiges Vorgehen haben die Old-School-Apparatschiks mit ihrer Absicherungsmentalität, ihren langatmigen Expertenrunden und ihren behäbigen Entscheidungsprozessen nicht den Hauch einer Chance.

So ist „being kodaked“ zu einem festen Begriff in der Wirtschaft geworden. Und Kodak ist nur ein Beispiel von vielen. In Zeiten der digitalen Transformation ist niemand vor Angriffen sicher. „Disrupt yourself before you get disrupted“ heißt die neue Parole. Treiber und nicht Vertriebener gilt es zu sein. „There is an Uber in every business“, warnt Digitalanalyst Brian Solis.

Disruptoren erzeugen neue Märkte

Disruptoren betreten keinen bestehenden Markt, sie erzeugen einen neuen. So hocken Horden von Digital Natives vor ihren Bildschirmen und hauen hoffnungsvoll in die Tasten. Ihre Schlagzahl ist unglaublich hoch. Furchtlos und frech machen sie vor niemandem halt. Sie sind wagemutig. Und angriffslustig. Und siegesgewiss.

Game Changer, Growth Hacker und Internetkrieger nennen sie sich. Der versierte Umgang mit Online-Medien und das Meistern von Bits, Bytes und Code ist ihr wichtigstes Kapital. Digitale Berührungsängste kennen sie nicht. Mit Nischengespür packen sie jede Chance beim Wickel, die sich durch die fortschreitende Digitalisierung ergibt.

Sie brauchen keine Fabrik und auch keine Garage, um Geschäftsmodelle zu entwickeln, die die Etablierten erzittern zu lassen. Ein Laptop und WiFi reichen meist aus. Natürlich schlägt vieles von dem, was sie machen, abgrundtief fehl. Aber auch in etablierten Unternehmen sind die Flopraten hoch. Bei klassischen Produktneueinführungen betragen sie bis zu 90 Prozent. Und immer öfter floppen Unternehmen als Ganzes.

Wer nicht innoviert, wird weginnoviert

MIT-Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2025 rund 40 Prozent der heutigen Fortune-500-Firmen verschwunden sein werden. Der häufigste Grund dafür: Managementirrtümer – allen voran das Festhalten an veralteten Organisationsstrukturen, verstaubten Führungsmethoden, antiquierten Geschäftsmodellen und überholten Wertschöpfungsketten.

So sagen 83 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen, in ihrer Firma werde noch strikt hierarchisch entschieden. Das fand die Akademie-Studie 2016 heraus Und es kommt noch schlimmer, wie Ergebnisse einer kürzlichen GfWM-Studie zeigen. 39 Prozent der 2.550 Befragten gaben zu Protokoll, dass Führungskräfte in ihrem Unternehmen Veränderungen generell blockieren. Solche Zahlen zeigen das ganze Ausmaß des Dilemmas.

Neben solchen Veränderungsblockaden, die sehr oft Machtthemen als Ursache haben, sind auch der unerschütterliche Glaube an die unternehmerische Überlegenheit oder persönliche Unersetzlichkeit, also Selbstüberschätzung und Selbstherrlichkeit, höchst gefährlich. Sowas macht blind und taub für mögliche Angriffe von außen. Und intern züchtet man damit einen hypergefährlichen Jasager-Kult

Alte und neue Mindsets

Klassische Unternehmen sind geschlossene Systeme, in denen jeder sein Wissen hortet. Die Vertreter der jungen Generation hingegen, die in der Sharing-Economy groß geworden sind, haben längst verstanden, wie arm man bleibt, wenn man alles für sich behält, und wie reich man wird, wenn man teilt.

Konkurrenz hat für sie einen geringen Stellenwert. Sie wollen nicht herrschen, sondern gestalten. So sind sie offen für alles und jeden. Co-kreativ nutzen sie die „Weisheit der Vielen“ und integrieren dankbar jede hilfreiche Idee, ganz egal, von welcher Seite sie kommt.

Herkömmliches wird radikal infrage gestellt und Vorhandenes völlig neu kombiniert. Experimentell suchen sie nach Neuentwürfen und besseren Lösungen als die, die es am Markt bereits gibt. Sie wollen etwas Bedeutungsvolles erschaffen. Dabei sind sie unglaublich flott unterwegs. Sie probieren alles Mögliche aus und kalkulieren das Scheitern mit ein.

„Beim nächsten Mal machen wir eben bessere Fehler“, sagen sie heiter. „Start many, try cheap, fail early“, heißt bei Google dieses Prinzip: Viele Projekte starten, sie mit kleinen Mitteln im Markt testen, Flops schnell erkennen und eliminieren. Fehler werden in der digitalen Welt als Lernfelder gefeiert. Fuckup-Nights, bei denen Gründer von ihrem epischen Scheitern berichten, sind groß im Trend. Jeder kann dort klüger werden.

Jung-Alt-Miteinander als Chanc
Wer um Machterhalt kämpft, den Regeln der Börse oder dem Willen der Anteilseigner unterliegt, favorisiert Effizienz-Innovatiönchen, aber keinen Wiederaufbau nach disruptiver Zerstörung. So hat Bahnbrechendes in tradierten Organisationen sehr schlechte Karten. Es sei denn, man folgt diesem Plan:

1. trenne man sich konsequent von veralteten Produkten, Methoden und Mindsets,

2. kapitalisiere man die derzeitigen Renditebringer und

3. beginne man – abseits des Unternehmenszentrums – rasch mit etwas ganz Neuem.

Disruptionen beginnen immer in einer Nische oder an den Rändern einer Organisation. Sich andockende Jungunternehmer und die jungen High Potentials, die schon im Unternehmen sind, können dabei sehr hilfreich sein.

Natürlich ist auch die Erfahrung der Älteren nach wie vor wertvoll. Und zweifellos können die Juniors vom Wissen der Seniors sehr profitieren. Doch wirklich vorankommen wird ein Unternehmen fortan nur dann, wenn es von den „New Business Gurus“, den Treibern des ökonomischen Wandels, lernen will.

Quelle: Millennials: Die Retter der Old Economy | Anne M. Schüller

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